Der Anblick eines entzückenden Welpen kann unser Herz im Sturm erobern. Doch hinter mancher Niedlichkeit verbirgt sich oft ein dunkles Geheimnis: die Qualzucht. Dieses ethisch bedenkliche Prinzip, das „Schönheit“ über Gesundheit stellt, hat bei zahlreichen Hunderassen zu ernsthaften, oft leidvollen gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir als potenzielle Hundebesitzer, Tierfreunde und verantwortungsbewusste Bürger verstehen, welche Hunderassen als Qualzuchten gelten und warum ein bewusster Umgang mit diesem Thema unerlässlich ist.
Warum das Wissen über Qualzuchten so wichtig ist
Die Entscheidung für ein Haustier ist eine Entscheidung für Verantwortung und Liebe. Wenn wir uns für eine Rasse entscheiden, die bewusst auf Merkmale gezüchtet wurde, die ihr Leiden bescheren, tragen wir zu diesem Leid bei. Das Wissen über Qualzuchtmerkmale hilft uns, informierte Entscheidungen zu treffen und den Tierschutz aktiv zu unterstützen. Hier sind einige Gründe, warum dieses Wissen unerlässlich ist:
- Tierwohl schützen: Das primäre Ziel ist es, das Leid der Tiere zu minimieren. Durch den bewussten Verzicht auf den Kauf von Tieren aus Qualzucht unterstützen wir Züchter, die Gesundheit und Wohlergehen priorisieren.
- Tierarztkosten und Leid vermeiden: Hunde aus Qualzuchten leiden oft unter chronischen Erkrankungen, die nicht nur mit erheblichen Schmerzen für das Tier, sondern auch mit hohen Tierarztkosten für den Besitzer verbunden sind.
- Umerziehung des Marktes: Eine sinkende Nachfrage nach Qualzuchten sendet ein klares Signal an skrupellose Züchter und kann langfristig zu einer Veränderung der Zuchtstandards führen.
- Rechtliche Grauzonen verstehen: Obwohl in Deutschland das Tierschutzgesetz Qualzuchten verbietet (§11b TierSchG), ist die Durchsetzung komplex. Ein fundiertes Wissen stärkt die Position von Tierschutzorganisationen und engagierten Bürgern.
- Aufklärung des sozialen Umfelds: Indem wir selbst gut informiert sind, können wir auch Freunde, Familie und Bekannte aufklären und so zu einem größeren Bewusstsein beitragen.
Kernmerkmale von Qualzuchten und ihre gesundheitlichen Auswirkungen
Welche Hunderassen sind Qualzuchten? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da es weniger um die Rasse an sich geht, sondern um die extreme Ausprägung bestimmter Merkmale, die in der Zucht über viele Generationen hinweg gefördert wurden. Das Tierschutzgesetz spricht von „Merkmalen (Form-, Farb-, Verhaltens- oder Leistungsmerkmalen), die mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen für das Tier verbunden sind.“
Brachyzephalie – das Syndrom der Kurzköpfigkeit
Eines der prominentesten Beispiele für Qualzuchtmerkmale ist die Brachyzephalie, besser bekannt als Kurzköpfigkeit. Sie betrifft Rassen, deren Schädel- und Gesichtsform extrem verkürzt ist. Dies mag niedlich aussehen, führt aber zu einer ganzen Reihe schwerwiegender Gesundheitsprobleme, bekannt als das Brachyzephale Atemwegsobstruktionssyndrom (BOAS).
- Atemprobleme: Verengte Nasenlöcher, ein verlängerter Gaumensegel und eine verengte Luftröhre erschweren die Atmung massiv. Dies führt zu lautem Schnarchen, Röcheln und im schlimmsten Fall zu Erstickungsanfällen. Hitze und Bewegung können lebensbedrohlich sein.
- Hautfalten: Die übermäßigen Hautfalten im Gesicht bieten einen idealen Nährboden für Entzündungen und Infektionen.
- Augenprobleme: Oft sind die Augen aufgrund der flachen Schädelform sehr exponiert, was zu Bindehautentzündungen, Reizungen und sogar zu Vorfällen des Augapfels führen kann.
- Verdauungsprobleme: Durch das ständige Schnaufen schlucken diese Hunde oft Luft, was Verdauungsprobleme verursachen kann.
Rassen, die typischerweise unter extremer Brachyzephalie leiden, sind unter anderem:
- Mops
- Französische Bulldogge
- Englische Bulldogge
- Boston Terrier
- Pekinese
- Shih Tzu

Weitere Qualzuchtmerkmale
Neben der Brachyzephalie gibt es noch andere Merkmale, die bei verschiedenen Rassen als Qualzucht eingestuft werden können:
- Extremes Niederläufigkeit und Wirbelsäulenprobleme: Dackel oder Basset Hounds, bei denen die extrem kurzen Beine oft mit Bandscheibenvorfällen und anderen Wirbelsäulenproblemen einhergehen.
- Übermäßiges Fell/Haar: Rassen wie der Bobtail oder bestimmte Setter-Varianten können, wenn das Fell zur Qual züchtet wird, unter Hitzestau, mangelnder Hygiene und eingeschränkter Sicht leiden.
- Skelettanomalien: Bei manchen Riesenrassen (z.B. Deutsche Dogge, Bernhardiner) führen die überzüchtete Größe und das schnelle Wachstum zu schweren Gelenkproblemen wie Hüft- und Ellbogendysplasie.
- Genetisch bedingte Taubheit/Blindheit: Insbesondere bei Merle-Farbvarianten (z.B. beim Australian Shepherd) kann eine Verdopplung des Merle-Gens zu Taubheit, Blindheit und anderen Defekten führen.
- „Haarlosigkeit“: China Crested Dogs oder Mexikanische Nackthunde können extrem empfindlich gegenüber Sonne, Kälte und Hautkrankheiten sein, wenn die Felllosigkeit zu extrem ist.
- Überzüchtete Gelenke: Bei manchen Rassen wie dem Ridgeback kann es zu einer genetisch bedingt vererbbaren Hautveränderung am Rücken, dem Dermalsinus, kommen, der große gesundheitliche Probleme verursachen kann.
Ein genauer Blick: Mops Probleme und Französische Bulldogge Krankheit
Betrachten wir zwei prominente Beispiele genauer, um die Tragweite der Qualzucht bei Hunden zu verdeutlichen. Die Frage „welche Hunderassen sind Qualzuchten“ wird hier besonders augenfällig.
Mops – mehr als nur süß
Der Mops ist der Inbegriff des kurznasigen Hundes, doch seine Popularität hat einen hohen Preis. Historisch gesehen hatte der Mops eine deutlich längere Schnauze. Die heutige Extremzucht hat seine Nase auf ein Minimum reduziert. Viele Möpse leiden unter dem bereits erwähnten Brachyzephalen Syndrom. Sie können kaum normal atmen, schnarchen laut, sind anfällig für Hitzschlag und sind in ihrer körperlichen Aktivität stark eingeschränkt. Das Einzige, was ihnen Erleichterung verschaffen kann, ist oft eine kostspielige Operation. Laut einer Studie der Royal Veterinary College in Großbritannien aus dem Jahr 2022 haben „Möpse eine deutlich kürzere Lebenserwartung als andere Hunderassen und sind anfälliger für eine Vielzahl von Erkrankungen.“
“Wir müssen uns fragen, ob wir Tiere so züchten dürfen, dass sie aufgrund ihrer Form oder Farbe leiden. Unsere Antwort muss klar “Nein” lauten.” – Dr. vet. med. Katja Gabriel, Tierärztin und Expertin für Tierschutz.
Französische Bulldogge Krankheit – eine Leidensgeschichte
Die Französische Bulldogge erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit, teilt aber ähnliche Leiden mit dem Mops. Auch sie ist ein typischer Vertreter der Kurzköpfigkeit. Atemprobleme sind auch hier an der Tagesordnung. Hinzu kommen oft weitere rassetypische Erkrankungen:
- Wirbelsäulenveränderungen: Keilwirbel sind bei Französischen Bulldoggen keine Seltenheit und können zu starken Rückenschmerzen und neurologischen Ausfällen führen.
- Patellaluxation: Eine Verschiebung der Kniescheibe, die Lahmheit und Schmerzen verursacht.
- Allergien und Hautprobleme: Aufgrund der vielen Hautfalten und oft geschwächten Immunsystems sind sie anfällig für Hautentzündungen und Allergien.
- Augenprobleme: Ähnlich wie beim Mops ist die flache Gesichtsform prädisponierend für Augenreizungen und Verletzungen.

Expertentipps und Best Practices für einen verantwortungsvollen Hundekauf
Wenn Sie sich einen Hund anschaffen möchten und sich die Frage stellen, welche Hunderassen sind Qualzuchten, gibt es einige wichtige Punkte zu beachten, um sicherzustellen, dass Sie kein Tierleid unterstützen:
- Informieren Sie sich umfassend: Bevor Sie sich für eine Rasse entscheiden, recherchieren Sie gründlich über rassetypische Krankheiten und Qualzuchtmerkmale. Das Internet, Bücher und Tierärzte sind gute Informationsquellen.
- Artgerechte Zucht unterstützen: Suchen Sie nach Züchtern, die sich den strengen Richtlinien von anerkannten Rassezuchtvereinen unterwerfen und Wert auf Gesundheit statt auf extreme Merkmale legen. Ein verantwortungsvoller Züchter wird Ihnen bereitwillig alle Gesundheitszeugnisse der Elterntiere zeigen.
- Elterntiere kennenlernen: Besuchen Sie den Züchter und lernen Sie die Elterntiere kennen. Achten Sie auf deren Gesundheitszustand, Verhalten und auch auf äußerlich sichtbare Anzeichen von Leiden (z.B. starkes Röcheln beim Mops).
- Distanzieren Sie sich von Extremen: Meiden Sie Welpen von Elterntieren mit extrem kurzen Nasen, übermäßigen Hautfalten oder anderen offensichtlichen Qualzuchtmerkmalen, auch wenn sie “niedlich” wirken.
- Tierheim statt Züchter: Eine hervorragende Alternative ist die Adoption eines Hundes aus einem Tierheim oder einer seriösen Tierschutzorganisation. Dort warten viele wunderbare Hunde auf ein neues Zuhause, die oft weniger gesundheitliche Probleme haben als überzüchtete Rassehunde.
- Gesundheit und Temperament: Priorisieren Sie Gesundheit und ein ausgeglichenes Temperament immer vor äußerlichen Schönheitsidealen. Ein gesunder Hund ist ein glücklicherer Hund und somit auch ein glücklicherer Begleiter für Sie.
- Fragen Sie kritisch nach: Scheuen Sie sich nicht, dem Züchter detaillierte Fragen zu stellen bezüglich Gesundheitsvorsorge, Elterntiere, Aufzuchtbedingungen und etwaigen genetischen Tests.
Indem wir unsere Kaufentscheidungen bewusst treffen und uns gegen die Unterstützung von Qualzuchten aussprechen, können wir einen wichtigen Beitrag zum Tierschutz leisten und dazu beitragen, dass zukünftige Generationen von Hunden ein gesünderes und schmerzfreieres Leben führen können.
